Kammfiltereffekt

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Der Kammfiltereffekt ist ein Phänomen, das auftritt, wenn dasselbe Signal zu unterschiedlichen Zeiten mit einer sehr geringen Zeitverzögerung an den Ohren des Zuhörers (oder einem Mikrofon) eintrifft. Das verzögerte Signal kann akustisch, durch Schallreflexionen an harten Oberflächen wie Wänden oder Glasscheiben, oder elektronisch durch Verzögerungen oder Latenzen erzeugt werden. Die Überlagerung von verzögerten Signalen kann zu Verstärkungen und Reduktionen im Frequenzspektrum führen, die wie ein Kamm aussehen.

Physikalischer Hintergrund

Phaseninterferenz

Um den Kammfiltereffekt besser verstehen zu können, ist es sinnvoll die Phaseninterferenz, oder genauer die destruktive Phaseninterferenz vorher zu definieren. Die Überlagerung zweier Schallwellen mit der gleichen Phase hat zur Folge, dass die resultierende Schallwelle eine größere Amplitude hat (konstruktive Phaseninterferenz). Werden hingegen zwei Signale mit um 180° verschobener Phase überlagert, führt dies zu einer vollständigen Auslöschung der Amplitude (destruktive Interferenz).
Die Überlagerung eines Audiosignals mit einer verzögerten Version desselben Audiosignals führt zu einer Phaseninterferenz und somit zur Verstärkung oder Auslöschung bestimmter Frequenzen, was zum Kammfiltereffekt führt.

Frequenzspektrum

Das Frequenzspektrum des Kammfiltereffekts besteht aus einer Reihe gleichmäßig verteilter Einkerbungen (Notches).
Frequenzkurve eines Kammfilters mit linearer Frequenzachse, welche die Kerbfrequenzen (fn) und Mittenfrequenzen (f0) zeigt.

 Die Frequenzen der Auslöschung (Kerbfrequenzen fn) können mit folgender Formel berechnet werden:
f_{notch,n} = c_0 \frac{2n-1}{2ds}


mit:
n: Zahl der zu berechnenden Kerbe
c0: Schallgeschwindigkeit in der Luft (c0 = 343 m/s)
ds: Pfadunterschied zwischen Direktschall (sd) und reflektiertem Schall (sr)

 Berechnung des Schalldrucks

Damit der Kammfiltereffekt entsteht, dürfen sich die Schalldruckpegel des Originalsignals und des verzögerten Signals um nicht mehr als 10 dB unterscheiden. Der resultierende Schalldruck kann mit folgender Formel berechnet werden:

p = p_d + p_r = \frac{p_0}{s_d} e^{\biggl\lgroup-j\frac{2\pi f s_d}{c_0}\biggr\rgroup} + r\frac{p_0}{s_r} e^{ \biggl\lgroup-j\frac{2 \pi f s_r}{c_0}\biggr\rgroup}

mit:
p: Gesamtschalldruck
pd: Schalldruck des Direktschalls
pr: Schalldruck des reflektierten Schalls
p0: Referenzschalldruck p0 = 20 μPa = 2 × 10−5 Pa
r: Reflexionsfaktor
sd: Direkter Schallweg
sr: reflektierter Schallweg
f: Frequenz
c0: Schallgeschwindigkeit in der Luft (c0 = 343 m/s)

 Kritisches Zeitfenster

Die Form und Ausprägung der Kammfiltereffekts hängt von der Zeit zwischen dem Originalsignal und dem verzögerten Signal ab. Die typische Zeitverzögerung für das Auftreten des Kammfiltereffekts liegt zwischen weniger als einer Millisekunde und ungefähr 25 ms. Bei Verzögerungen, die größer als 35 ms sind, ist das menschliche Gehör in der Lage die beiden Schallereignisse zu unterscheiden und der Kammfiltereffekt wird geringer.

Auftreten und Vermeidung des Kammfiltereffekts

Kammfiltereffekt durch Schallreflexionen

Schall wird von harten Oberflächen wie zum Beispiel Böden, Wänden, Fenstern oder sogar Wasseroberflächen reflektiert. Das Originalsignal und das reflektierte Signal sind nahezu identisch, jedoch ist das reflektierte Signal um ein paar Millisekunden verzögert, was zu einem Kammfiltereffekt führt.

Um den Kammfiltereffekt durch Schallreflexionen zu vermeiden, sollten reflektierende Oberflächen beseitigt oder gedreht werden. Außerdem kann es helfen, die Mikrofone so nah wie möglich an der Schallquelle zu platzieren, da sich die Schallenergie über die Distanz verringert. Dadurch wird der Schallpegel des Direktschalls im Verhältnis zum reflektieren Schalllauter. Eine weitere effektive Methode ist es, frühe Reflexionen (oder erste Reflexionen), welche den Zuhörer oder das Mikrofon erreichen, zu absorbieren. Alternativ können frühe Reflexionen mit Diffusoren in verschiedene Richtungen zerstreut werden, was die Energie des reflektierten Schalls merklich reduziert.
Illustration eines Kammfiltereffekts durch den reflektierenden Boden.

Kammfiltereffekt durch mehrere Lautsprecher

Der Kammfiltereffekt kann auftreten wenn zwei oder mehr Lautsprecher ein identisches Signal abgeben und die Aufnahme nicht exakt an der definierten Mikrofonposition erfolgt. Dies kann zu einem zeitlich verzögerten Eintreffen der identischen Signale am Mikrofon führen.
Um den Kammfiltereffekt bei Live-Konzerten in großen Hallen zu vermeiden ist es üblich, die Signale aller Lautsprecher zu synchronisieren, indem unterschiedliche Verzögerungszeiten für jedes Lautsprechersystem verwendet werden. Eine weitere Möglichkeit ist es, die Lautsprecher so zu platzieren, dass sich die einzelnen Abdeckungsbereiche möglichst wenig überschneiden.
Darstellung des Kammfiltereffekts durch die Verwendung mehrerer Lautsprecher.

Kammfiltereffekt durch mehrere Mikrofone

Durch Mehrmikrofontechnologien können Aufnahmen mit einem realistischen räumlichen Klangbild erzielt werden. Jedoch kann eine unterschiedliche Positionierung der Mikrofone zu verzögerten Ankunftszeiten der Signale an den Mikrofonen und somit zu Kammfiltereffekten führen.
Um den Kammfiltereffekt zu vermeiden, kann eine räumliche Trennung und eine Vergrößerung des Abstands zwischen nahegelegenen Mikrofonen helfen.
Darstellung des Kammfiltereffekts durch die Verwendung mehrerer Mikrofone.


Simulation des Kammfiltereffekts

Der Kammfiltereffekt kann für verschiedene Raumdimensionen und Lautsprecher- und Mikrofonpositionen mit den Acoustics Apps vom COMSOL Server silmuliert werden[COMSOL].

Im folgenden sind vorberechnete Simulationen gezeigt:

Klicke hier, um eigene Berechnung durchzuführen:
COMSOL:Comb_Filter_3_0_mph


Note: Diese App lädt nur im Firefox Browser. Wenn du einen anderen Browser verwendest, nutze den folgenden Link:
https://apps.vib.ed.tum.de:2037/app/Comb_Filter_3_0_mph


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